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Einflussfaktoren der Klassischen Konditionierung

Organismus- und Stimuluseigenschaften

Während Pawlow noch davon ausging, dass sich jedes vorstellbare Phänomen der äusseren Welt in einen CS verwandeln lasse, postulierten z.B. Eysenck und Seligman, dass der Organismus aufgrund seiner physiologischen und genetischen Prädisposition nicht für alle Reize zur Konditionierung gleichermassen sensibel ist. Preparedness (wie geeignet ist eine Person für eine Klassische Konditionierung?)

Nach Seligman gelten die Konditionierungsgesetze nicht für alle Reizklassen bzw. Organismen generell, sondern in dem Masse, wie seitens des Organismus eine spezifische Bereitschaft (preparedness) vorliegt. Diese ist einerseits von der Anzahl der Lerndurchgänge und der Intensität des NS und UCS abhängig, andererseits von der art- und individuums- bedingten Wahrnehmungsbereitschaft gegenüber bestimmten Reizen entweder in Richtung einer erhöhten oder vermeidenden oder gar völlig fehlenden Bereitschaft.

Eysenck griff die Idee der unterschiedlichen Konditionierbarkeit (unabhängig von der Reizqualität) weiter auf und versuchte Persönlichkeitsmerkmale zu definieren, welche diese interindividuellen Unterschiede zu erklären vermögen. Dabei mutmasste er, dass eine leichte Konditionierbarkeit vor allem auf eine vermehrte autonome Reaktionsbereichtschaft und eine erhöhte kortikale Aktivierung, einhergehend mit verzögerter oder ausbleibender Habituation zurückzuführen sei. Diese zentralnervösen Muster sah Eysenck mit hohem Neurotizismus und Introversion korreliert. Prepotency (wie geeignet ist ein Stimulus?)

Der Begriff der Prepotency ist demjenigen der Preparedness von Seligman sehr verwandt. Es wird davon ausgegangen, dass sich nicht alle Reize gleichermassen zur klassischen Konditionierung eignen. Gewisse Reize sind für bestimmte Spezies prägnanter und werden von dieser selektiver wahrgenommen.

Die Unterscheidung der beiden Begriffe soll am folgenden Beispiel verdeutlicht werden: Schlangen lösen (phylogenetisch erklärbar) bei einem Grossteil der Menschen Angst aus (phobogene Stimuli) und weisen eine hohe Prepotency auf, da sie relativ leicht als Angstreize konditionierbar sind. Dennoch sind nicht alle Menschen gleichermassen ängstlich vor Schlangen. Gewisse Kulturen (Naturvölker) oder z.B. Personen, zeigen deutlich geringere Angst vor (ungefährlichen) Schlangen als beispielsweise Stadtbewohner, die selten mit Schlangen in Berührung kommen. Dies belegt, dass die Preparedness unterschiedlich ist, auf diese Stimuli und Ängstlichkeit zu reagieren.

Stimuli mit hoher Prepotency sind Reize, welche in früheren Zeiten, als die Menschen noch in engem Kontakt mit der Natur lebten und dadurch von einer Vielzahl von Stimuli existentiell bedroht waren, als gefährlich eingestuft wurden. Dazu zählen Tiere (Schlangen, Spinnen, Ratten, Mäuse etc.), enge und dunkle Räume (Klaustrophobie), Höhen (Akrophobie) aber auch weite, offene Plätze, die keinen Schutz vor angreifenden Tieren oder feindlichen Menschen bieten (Agoraphobie). Andere Stimuli, die heute von weitaus grösserer Gefährlichkeit sind wie beispielsweise Elektrizität (Steckdosen, Stromkabel), Autos, AKWs etc. weisen dagegen eine geringe Prepotency auf, da sie früher unbekannt waren und der Mensch noch keine Gelegenheit hatte, sich genetisch auf diese Reize einzustellen. In vielen tausend Jahren werden diese Reize vielleicht ihrerseits eine hohe Prepotency aufweisen.

Neutrale Stimuli mit geringer Prepotency (Alltagsgegenstände wie beispielsweise Staubsauger, Tisch, Computer etc.) zeichnen sich dadurch aus, dass sie mehr Durchgänge brauchen, um die Assoziation zwischen UCS und NS herzustellen (d.h. der Konditionierungsvorgang verläuft aufwändiger), während Stimuli mit hoher Prepotency (z.B. Schlangen, Hunde, enge Räume) relativ rasch konditioniert werden können.

Weitere Unterschiede zwischen Stimuli mit niedriger und hoher Prepotency finden sich im Hinblick auf den Löschungsprozess: Stimuli mit hoher Prepotency sind löschungsresistenter, während Stimuli mit einer niedrigen Prepotency relativ leicht gelöscht werden können. Primäre Generalisierung

Bei der primären Generalisierung handelt es sich um Reize, die auf dem Kontinuum physikalischer Ähnlichkeit liegen und um den „echten“ CS in einem gewissen Bereich streuen. „Die Reizgeneralisierung besagt, dass nicht nur die konditionierten Reize, die bei der Konditionierung systematisch mit bestimmten unkonditionierten Stimuli gepaart wurden (z.B. ein akustisches Signal von 1000 Hz), sondern auch ähnliche Reize (z.B. ein Ton von 950 Hz) die konditionierte Reaktion auslösen können. Je geringer die Ähnlichkeit des Reizes auf der Dimension des sensorischen Kontinuums dieses konditionierten Reizes ist, desto schwächer ist die reaktionsauslösende Qualität“. Ein Beispiel für eine primäre Generalisierung ist, wenn ein Kind von einem schwarzen Labrador gebissen wurde und darauf Angst vor sämtlichen Hunden hat, unabhängig ihrer Rasse und Farbe. Sekundäre Generalisierung

Von sekundärer Generalisierung spricht man, wenn Reize infolge ihres semantischen Hintergrundes dieselbe Reaktion wie der UCS hervorrufen. Es handelt sich dabei um eine Generalisierung auf bedeutungsähnliche Stimuli. Dieses Phänomen kann in theoretischer Nähe zum psychoanalytischen Konstrukt der Übertragung gesehen werden (z.B. vaterähnliche Figur: Autorität, die Angst auslöst).

Beispiel: Ein Student hält einen Vortrag und wird daraufhin abgewertet und ausgelacht. Seit dieser unangenehmen Erfahrung hat er nun bei sämtlichen öffentlichen Auftritten ein unangenehmes und beklemmendes Gefühlt. In diesem Beispiel findet eine Ausweitung der ursprünglichen Vortragsangst auf sämtliche Situationen statt (Sozialphobie), in denen der Student soziale Bewertungen oder Kritik antizipieren kann, in welchen er sich exponieren muss oder in denen er in irgendeiner Weise auffällt. Damit findet hier die Generalisierung nicht über die physikalische Ähnlichkeit (z.B. das Setting, in dem der Vortrag gehalten wurde) statt, sondern durch die semantische Ähnlichkeit der Situation (ausgeliefert sein). Die Generalisierung ist ein Kernproblem vieler Phobien, da dadurch eine Vielzahl von Reizen phobogen wirken und Angst auslösen können.

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